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SVV 3. März 2021

Aktualisiert: 7. März 2021


FNP Wind


Die gestrige Sitzung sollte eine Sondersitzung zum Flächenplan Wind sein. Da aber Herr Haase schon in mehreren Ausschusssitzungen zum gegenwärtigen Stand der Arbeit der Verwaltung an der Pflichtaufgabe Flächen für Windkraftanlagen auszuweisen und zu den noch offenen Fragen vorgetragen hat, beschränkte sich eigentlich die Arbeit der SVV zu diesem Punkt auf die Abstimmung. 15 Verordnete stimmten der Beschlussvorlage* zu, 10 stimmten dagegen und 2 enthielten sich.


Die eigentlichen Beiträge zum Thema wurden von Herr Hänicke und einer Bürgerin, die auf die Nennung ihres Namens verzichtet hat, in der Einwohnerfragestunde vorgetragen. Laut der Antwort von Frau Schwarzweller auf Herrn Hänickes langen und sehr technischen Vortrag hatte er diesen bereits in derselben Form in einem der Ausschüsse gehalten. Ich verstehe nicht, warum er noch immer die Spielregeln von Einwohnerfragestunden nicht verstehen kann oder will.


Herr Kühnapfel hatte vor Beginn der Fragestunde noch einmal klar darauf hingewiesen, dass Einwohner*innen Fragen stellen dürfen, aber keine längeren Beiträge halten und schon gar keine Selbstdarstellungen vorsingen dürften. Die technischen Punkte, die ich zum größten Teil aus mangelnder Kompetenz nicht zusammenfassend mitschreiben, geschweige denn beurteilen konnte, schienen mir zumindest teilweise an der falschen Stelle angebracht zu sein, denn sie drehten sich um die Frage, was zur Beurteilung der Lärmbelastung zu messen sei. Hier wären Herr Hänicke und seine Freunde gut beraten sich an die Landtagsabgeordneten oder das Umweltamt oder vielleicht auch noch weitere Stellen der Landesregierung zu wenden.


Die anonyme Bürgerin beglückwünschte Herrn Preuss zu seinem MAZ Artikel zum Thema. Ihr gefiel vor allem seine Forderung, den Wald nicht in einen SCHWEIZER KÄSE zu verwandeln. Sie hoffte in einer wohl eher rhetorischen Frage, dass er bei der Abstimmung diesen Positionen folgen werde.


Emotionale Zusammenstöße


Die gestrige SVV war für mich sehr anstrengend, da sehr viele Emotionen von zu vielen SVV-Mitgliedern und Einwohner*innen entladen worden sind. Missverständnisse beim Lesen und beim Zuhören, beim Interpretieren und beim Spekulieren waren die Auslöser. Manches hätte bei größerer Zurückhaltung und Sachlichkeit leicht geklärt werden können. Anderes blieb mir rätselhaft.


1. Regelverletzungen oder nicht?


Frau Schreiber gefiel sich zunächst als Kontrollorgan der Bürgermeisterin. Sie verlangte zu wissen, ob sich Frau Schwarzweller und die Stadtverordneten bereits haben impfen lassen und wenn ja, wie sie dazu gekommen seien. Die Anspielung auf den OB von Halle war offenkundig. Dann wollte sie wissen, ob die Verwaltung die Ablehnung des Vergleichs termingerecht eingereicht habe. Ich verstehe wirklich nicht, warum die Herren ihrer Fraktion nicht einmal diese Art von Arbeit selbst erledigen können.


Der unlösbar gebliebene Konflikt betraf eine Passage in einer offenbar vor dem Verwaltungsgericht Potsdam (wenn ich das in der Eile von Frau Schreibers Worten missverstanden habe, entschuldige ich mich) eingereichten Stellungnahme des Rechtsanwalts der Stadt, Herrn Professor Dombert. Frau Schreiber trug sie nach den ablehnenden Entgegnungen durch Frau Schwarzweller und Herrn Kühnapfel wörtlich vor. Falls Frau Schreiber korrekt vorgelesen hat und eine zutreffende Kopie vorzuliegen hatte (was ich jetzt zu ihren Gunsten annehme; Sie erinnern sich aber vielleicht: es gab bereits einen anderen Fall, bei dem vergleichbare Äußerungen von Frau Schreiber nicht zugetroffen haben), hat Herr Dombert dort geschrieben (ich gebe die Passage hier nur sinngemäß wieder), dass er Frau Schreibers Erscheinen in Ausschüssen und SVVs ohne Mund-Nasen-Bedeckung durch Bild- und Tonmaterial vonVideoaufnahmen, die aus Coronabedingungen folgten, belegen könne.


Frau Schreiber wollte deshalb wissen, ob solche Videoaufnahmen gespeichert worden seien und wenn ja, warum und wann sie gelöscht werden sollen. Nach den bereits erwähnten Verneinungen solcher Art Tatbestand durch Frau Schwarzweller und Herrn Kühnapfel, bohrte sie nach: hat nun Herr Dombert gelogen oder die Bürgermeisterin (auch das nur sinngemäß)?


Frau Schwarzweller versicherte ernsthaft, es seien weder Videos gemacht noch gespeichert worden. Meine Nachfrage heute erbrachte, dass der Text von Herrn Dombert auf einem Missverständnis beruht. Er hat die Information, dass sowohl vor Ort anwesende Teilnehmer*innen der Veranstaltungen als auch die online zugeschaltet gewesenen Stadtverordneten Frau Schreiber wiederholt ohne Mund-und-Nasen-Bedeckung erlebt hätten und dass es genügend veröffentlichtes Bildmaterial gäbe um das zu belegen.


Wer hier meint, dass sei eine Ausflucht, der kann gern Texte lesen, die ich im Laufe der juristischen Auseinandersetzungen mit Frau Küchenmeister sowohl von ihrem Rechtsanwalt als auch von meinem erhalten habe. Sie sind gespickt mit derartigen Missverständnissen.


2. Zusammenstoß


Ein emotionaler Zusammenstoß fand zwischen Herrn Teichmann und Frau Schwarzweller statt. Herr Teichmann fragte die Bürgermeisterin, ob sie die von ihm im Rathaus abgegebene Erklärung an alle SVV-Mitglieder und die Ortsvorsteher weitergegeben hätte. Frau Schwarzweller bestätigte, dass das erfolgt sei. Sie fügte hinzu, dass sie ihn gebeten hätte, den Ton seines Textes zu mildern, da sich die Stadt nicht an Beleidigungen ihrer Amtsvorgängerin beteiligen würde. Sie sagte überraschender Weise, dass die Vergangenheit nun endlich zur Ruhe gelegt werden solle. Das war insofern überraschend, als die Vergangenheit uns ja bei fast jedem Thema immer wieder einholt, selbst wenn wir es nicht erwarten oder sie nicht mit Absicht hervorholen.


Herr Teichmann wies die Beschreibung seines Textes als Beleidigung ganz entschieden zurück und verlies enttäuscht die Sitzung.


3. Fehlurteile


Fehlurteile, vielleicht auf missverstandenen Interpretationen beruhend, kamen im Beitrag von Herrn Jungbluth in der Bürgerfragestunde zum Vorschein, der nicht nur meinte, dass eine Beschlussvorlage zu einem Bauprojekt in Wünsdorf in der Sache falsch sei und unterstelle ohne es zuzugeben den Verlauf der Poststraße in Wünsdorf ändern zu wollen, wogegen sich angeblich der Ortsbeirat entschieden hätte, sondern forderte das Recht einen Änderungsantrag zur Beschlussvorlage einbringen zu dürfen.


Obwohl ich die Sachlage in diesem Moment nicht beurteilen konnte, war ich doch sehr verblüfft, dass ein langjähriger Ortsvorsteher glaubt, er hätte als Bürger das Recht einen Änderungsantrag in der SVV einbringen zu dürfen. In der späteren Debatte sagte Herr von Lützow, dass der Ortsbeirat mit 2 Ja-Stimmen und 2 Enthaltungen für die Empfehlung der Beschlussvorlage gestimmt hätte. Frau Schwarzweller erläuterte mehrfach, dass sie Herrn Jungbluth zustimme, dass hier in der Vergangenheit Fehler gemacht worden seien, sie aber den Eigentümerinnen, die die Leidtragenden der städtischen Fehler seien, nicht noch weitere Lasten und Enttäuschungen aufbürden wolle. Außerdem hätte die Stadt die betreffende Strasse präzise vermessen und Herrn Jungblughts Sorge, dass die Strasse umverlegt werden müsse, sei unbegründet.


Frau Leisten war das aber nicht ausreichend. Sie ging zum Mikrofon und sprach die überraschenden Sätze (sinngemäß): 2 Ja-stimmen und 2 Enthaltungen reichen mir nicht aus. Das ist keine so solide Beschlussfassung, wie beim vorgehenden Fall, wo der Wünsdorfer Ortsbeirat mit 3 Ja-Stimmen und einer Enthaltung die städtische Beschlussvorlage empfohlen hatte.


4. Wer darf was eine Frechheit nennen?


Ein lautstarker Eklat brach zwischen Herrn M. Juricke und Herrn Kühnapfel aus, als erster unter Berufung auf § 47 der Kommunalverfassung beschwerend anfragte, warum ihm in einem vorhergehenden Ausschuss als Ortsvorsteher zu Belangen seines Ortsteiles kein Rederecht eingeräumt worden sei. Das war eine Frage nach seinem speziellen Recht auf aktive Teilnahme an den Sitzungen zu den auf seinen Ortsteil beschränkten Themen. Herr Kühnapfel missverstand die Frage als eine nach generellem Rederecht für Ortsvorsteher. Als Antwort zitierte er aus der rechtlichen Erläuterung des stellvertretenden Bürgermeisters der Kommentare des Innenministeriums und der Kommunalaufsicht zum Rederecht für Einwohner*innen zu Tagesordnungspunkten der Sitzungen. Danach hätte Herr Juricke wie jede/r andere Einwohner/in ausschließlich Rederecht in der Einwohnerfragestunde. Herr Juricke widersprach in der für ihn typischen Art. Er pflaumte Herrn Kühnapfel an, er könne so mit seiner Tochter verfahren, aber nicht mit ihm. Verständlicherweise war Herr Kühnapfel sehr irritiert über dieses rüpelhafte Benehmen und verbat sich derartige Frechheiten.


Nachdem Herr Juricke ebenfalls sehr verärgert zu seinem Sitzplatz zurückgekehrt war, trat Frau Leisten als Seitenspielerin auf. Sie griff Herrn Kühnapfel energisch an, wieso es denn eine Frechheit sei, seine demokratischen Rechte einzufordern. Ich hätte mir gewünscht, dass sie irgendwie genauer hinhört, wenn jemand ihrer Kolleg*innen in der SVV etwas sagt, ehe sie in das Wortgefecht zieht. Aber das fällt ihr offenbar schwer. Herrn Kühnapfels Replik an Herrn Juricke, dass er sich dessen Frechheit verbäte, bezog sich eindeutig auf Herrn Jurickes abfällige Bemerkung in Bezug auf Herrn Kühnapfels Umgang mit seiner Tochter. Ich würde mir eine solche Zumutung auch verbitten.


Aber in der Sache des aktiven Teilnahmerechtes hatten Herr Juricke und Frau Leisten recht und Herr Kühnapfel hat sich an diesem Abend geirrt. Ich weiss aber mit Sicherheit, dass ihm die Bedeutung des § 47 der Kommunalverfassung wohl vertraut ist. Schließlich hat er ihn mir im Zusammenhang mit einem viel früheren, ebenfalls von Herrn Juricke ausgelösten Eklat in der SVV bezüglich des Haushaltsicherungskonzepts erläutert. Ich nehme an, dass die monatelangen, oft lautstarken Äußerungen von Plan B-Mitgliedern zum Rederecht ihn erschöpft haben und er, sobald er das Wort "Rederecht" hört, in die Abwehr dieses anstrengenden Drucks geht. Ich bin jedenfalls sehr froh, nicht in seiner Position sein zu müssen. Frau Schwarzweller bemühte sich, den Sturm im Wasserglas zu besänftigen, indem sie Herrn Juricke daran erinnerte, dass er ja zu den Belangen Horstfeldes zu den nicht-öffentlichen Sitzungen eingeladen worden sei, und sich dafür entschuldigte, dass er wegen der Quarantäne des Ausschussvorsitzenden Herrn Preuss im letzten Hauptausschuss unabsichtlich übersehen worden sei.


5. Konfuzius zur Erklärung einer 180°gen Kehrtwende


Am Ende der Diskussion zum Antrag der Fraktionen Linke/SPD, Grüne, VUB, einen Fördergeldantrag zur Erarbeitung eines Klimaschutzkonzepts für Zossen zu stellen, das zum einen aufgrund der Zossener Haushaltlage zu 100% vom Geldgeber finanziert werden würde und der Stadt außerdem für zwei Jahre eine zusätzliche Personalstelle für diese Aufgabe bescheren würde, gab es eine weitere teils komische, teil dramatische Aufführung voller Missverständnisse.


Frau Leisten ergriff das Wort und erklärte, ihre Fraktion würde ja immer ihr Abstimmungsverhalten erklären und das wolle sie jetzt auch tun. Ich versuchte mich angestrengt daran zu erinnern, ob es einen solchen Fall bereits gegeben hätte und in welchem Zusammenhang, wenn denn passiert, eine solche Erklärung erfolgt wäre. Ich muss bekennen, mir fiel nichts dazu ein. Vermutlich mein Fehler.


Nach (diplomatischem) Standardprotokoll müsste eine solche Erklärung eigentlich von der/m Chef/in de mission, hier also der/m Fraktionsvorsitzenden, abgegeben werden, d.h. von Frau Küchenmeister. Diese hatte im KTUE darum gerungen, die Formulierung der Beschlussvorlage den Glaubensgrundsätzen der AfD zu Umweltfragen anzupassen. Im Interesse einer Parteien übergreifenden Zusammenarbeit für die Zukunft Zossens wurde das von allen anwesenden Ausschussmitgliedern akzeptiert. Sie stimmten mit 6 Ja-Stimmen für die Empfehlung der geänderten Beschlussvorlage, die dann in dieser Form gestern auf der SVV eingebracht worden ist.


Frau Küchenmeister hatte im KTUE (laut meinen Mitschriften) nach diesen Änderungen mitgeteilt, dass die AfD-Fraktion für diesen Antrag stimmen würde. Da war sie offenbar etwas zu voreilig. Im Ergebnis der Meinungsverschiedenheiten in der Fraktion stimmte die Fraktion dann gestern geschlossen dagegen.


Frau Leisten stellte ihre Bereitschaft, sich im Internet nach Federn umzusehen, mit denen sie sich schmücken könnte, unter Beweis. Sie fand ein angebliches Konfuzius-Zitat aus den Analekten, die zwei- bis dreihundert Jahre nach seinem Tod verfasst worden sind, das den Sinneswandel ihrer Fraktion und den Verzicht auf Fördergelder inklusive Personalstelle legitimieren sollte: "Um an die Quelle zu kommen, muss man gegen den Strom schwimmen."


Frau Leisten glaubte ganz offenkundig, dass der Meister die bei uns übliche Metapher des "gegen den Strom Schwimmens" als Ausdruck von Widerstand gemeint hätte. Das, Frau Leisten,. ist leider nicht der Fall. Ich habe mich zum einen in den Analekten in der Übersetzung des protestantischen Missionars James Legge von 1861 umgeschaut, den Spruch aber nicht finden können, und mich deshalb zum anderen bei meiner sinologischen Kollegin Frau Professor Dagmar Schäfer erkundigt, ob es diesen Spruch in den ältesten Manuskripten aus der Mitte des 1. Jh. vuZ gebe und was er bedeute. Ersteres konnte sie nicht mit Sicherheit bestätigen. Zur Bedeutung erklärte sie, dass sich alle Sinnsprüche dieser Art auf Genealogie und die Frage beziehen, ob man etwas wissen könne, ohne den Prozess seit der Entstehung dieses Etwas bis zu seinem eigenen Leben zu kennen. Die Konfuzius zugeschriebene Überzeugung heisst: nein, das kann man nicht. Man muss zu den ältesten Dingen zurückkehren, wenn man wissen will, was ein Ding, eine Geschichte, ein Ritual u.ä. bedeutet. Also nichts mit Widerstand, sondern Suche nach dem Weg zum Wissen.


Bei meinem Blättern in den Analekten fand ich einen anderen Spruch in mehreren Varianten. Ich gebe ihn hier nur in einer Lesart an: "Lernen ohne zu denken ist vergebene Liebesmüh; Denken ohne zu lernen ist gefährlich."



Fazit: Weniger Aufregung und mehr Sachlichkeit sind hilfreicher für die politische Entscheidungsfindung. Weniger schnell kopierte Internetweisheit und mehr Bemühung um die Sache dienen der Entwicklung der Stadt besser.


Zum Abschluss noch ein kleines Augenzwinkern an Herrn Hummer. In der Debatte zum städtischen Hygienkonzept war er ans Rednerpult geeilt und hatte ausgerufen, er fände es Blödsinn und Pandemie sei ...


Den Rest konnte ich nicht hören, da er die Worte verschluckte. Also gin ich nach Abschluss des öffentlichen Teils auf ihn zu und fragte ihn, was er da gesagt hätte. Ich wolle es korrekt nachtragen und nichts Falsches schreiben. Mit einem gewissen Ausdruck des Mitleids sagte er in fast zärtlicher Ablehnung zu mir: Professorchen, ich halte die ganze Sache mit der Pandemie für Quatsch. Die gibt es nicht. Das können Sie ruhig schreiben.


Ich war ehrlich überrascht. Bislang hatte ich nicht den Eindruck mangelnder Lernfähigkeit bei ihm. Aber sei es drum. Dieser Punkt war mir auch nicht wirklich wichtig. Ich wollte nur seine Äußerungen in meiner Mitschrift korrekt wiedergeben. Ich frage mich aber: soll ich Herrn Hummer ab sofort in ebenfalls fast schmusender Replik Hummerchen nennen (autocorrect will mich zwingen Dummerchen zu schreiben, aber ich leiste Widerstand) oder wäre Herr Hummerchen angemessener?



* https://www.zossen.de/fileadmin/user_upload/Sitzungsdienst/Beschlussvorlagen_2020/BV-Nr.108-20.pdf






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