Nachdem Plan B und "Wir für Zossen" je einen Antrag für die Einrichtung eines Prüfungsausschusses auf die Tagesordnung der gestrigen SVV eingebracht und der Sitzungsdienst diese, wie auch alle anderen Anträge bzw. Beschlussvorlagen auf der Stadtwebseite eingestellt hatte, waren die Zeichen auf Konflikt gestellt. Plan B wollte kontrollieren, wie die Arbeiten zur Eröffnung des neuen Gebäudes der Geschwister Scholl Schule stehen. "Wir für Zossen" wollte eine Tiefenschürfung in die Geschichte der Erarbeitung der Projektskizze des Zossener Antrags für die Landesinitiative "Meine Stadt der Zukunft". In beiden Fällen wurde insinuiert, dass die Dinge nicht so waren, wie sie schienen und dass gravierende Fehler von der Bürgermeisterin oder der Gruppe ehrenamtlicher Zossener*innen, die auf Bitte der Bürgermeisterin den Antrag in der sehr kurzen, für die Antragstellung zur Verfügung stehenden Zeit mit sehr viel Engagement und Augenmaß erarbeitet hatten, begangen worden seien. Die beiden Anträge kann man noch immer auf der Stadtwebseite nachlesen.*
Im Hintergrund des Antrages von "Wir für Zossen" fand noch eine Konfrontation zwischen Herrn Schulz von der VUB und Frau Küchenmeister statt. Herr Schulz verwahrte sich gegen die Angriffe der Fraktionsvorsitzenden von "Wir für Zossen" gegen die Projektgruppe "Zukunft Zossen", zu der er selbst gehört hatte. Daher wußte er nur zu gut, wie nachdrücklich gerade er sich für breite Mitwirkungsmöglichkeiten Zossener Bürger*innen, Stadtverordnete selbstverständlich eingeschlossen, im Projekt immer wieder ausgesprochen hatte. Frau Küchenmeister antwortete mit einer ellenlangen, bitterbösen, Theodor Fontane zitierenden Zurückweisung, die sie anschließend auch noch publik machte. Wie gesagt - die Zeichen waren auf Sturm gestellt.
1. Antrag Plan B
Herr Klucke trug den Antrag von Plan B vor. Aus meiner Sicht war das eine Fehlentscheidung. Herrn Klucke fällt es schwer öffentlich zu sprechen. Herr Manthey ist da souveräner. Gratisempfehlung 1: Falls die Herren von Plan B wieder einmal einen ihnen wichtigen Antrag, egal welcher Art, durch einen Redebeitrag in der SVV vorstellen und dafür für Unterstützung werben wollen, geben Sie die Aufgabe Herrn Manthey. Selbst Herr Wilke ist ein besserer öffentlicher Redner als Herr Klucke. Herr Blanke dagegen sollte sich zurückhalten. Er nuschelt zu sehr.
Allerdings sind rhetorische Qualitäten nicht das einzige Kriterium für eine erfolgreiche Werbung in der SVV. Gratisempfehlung 2: Will man Menschen gewinnen, eine Sache als ein Problem, um dessen angebliche oder tatsächliche Lösung gerungen werden soll, anzuerkennen, muss es klar und deutlich dargestellt werden. Auch das fiel Herrn Klucke schwer. Er sagte, es ginge um die Erarbeitung von Antworten an die Schüler*innen der Geschwister Scholl Schule und deren Eltern, warum die Schule nicht wie geplant zeitgerecht und in ausreichender Qualität im Juni eröffnet werden könne. Das entsprach mitnichten der eingereichten Antragsbegründung. Außerdem fragte ich mich, ob der Plan B-Verordnete die vielen Debatten der letzten Monate zu den Einzelheiten dieses Themas überhört oder bereits wieder vergessen hatte. Dort waren mit großer Regelmäßigkeit die Probleme von der Bürgermeisterin benannt und von der Ex-Bürgermeisterin immer wieder bestritten worden. Herr Klucke, es gibt Protokolle des Sitzungsdiensts. Sie hätten die Antworten dort nachlesen und einen Brief an Schüler*innen und Eltern entwerfen können. Wozu also einen Prüfungsausschuss einrichten?
Gratisempfehlung 3: Will man die anderen Verordneten gewinnen den vorgeblich oder tatsächlich hehren Absichten der Plan B Fraktion zu folgen, sollte man ihnen die Vorzüge des Lösungsvorschlags vor Augen führen und erklären, was sie daraus für sich und ihre Positionen an Gewinn ziehen würden. Aber trotz der langjährigen Tätigkeit als Verordnete scheint das niemandem in der Plan B Fraktion gegenwärtig gewesen zu sein. Stattdessen griff Herr Klucke zu dem schlechtesten Stilmittel in einer politischen Schlacht – er bedrohte seine Gegenüber. Der Preis, den sie für ihre Verweigerung zu tun, was Plan B wünschte, zahlen würden, sei der Zorn der Schüler*innen und Eltern. Es kam, wie es kommen musste: einzig und allein die Plan B-Verordneten stimmten für ihren Antrag.
2. Antrag "Wir für Zossen"
Der angedrohte Sturm gegen "Zukunft Zossen" dagegen fiel aus. "Wir für Zossen" modifizierte bereits im Vorfeld der SVV ihren eingereichten Antrag. Es sollte nun kein Prüfungsausschuss mehr das Ziel sein, sondern ein Gespräch über die Frage, ob die SVV einen das Projekt flankierenden, zeitweiligen Ausschuss benötigen würde oder einen ständigen "Zukunftsausschuss". Bevor es zu einer langen und durchaus kontroversen, aber weitgehend höflichen Debatte über diesen Vorschlag kam, hatte Frau Schwarzweller den Projektentwurf erneut, dieses Mal aber in aller Ausführlichkeit vorgestellt und die ehrenamtlichen Mitglieder des Beirates sowie die Vertreter der Stadtverwaltung darin ernannt. Anschließend wurde das von der Projektgruppe von Anfang an vorgesehene Mitglied der SVV gewählt, das für die Kooperation zwischen dem Projekt, der SVV und INSEK verantwortlich sein sollte. Zwei Kandidat*innen stellten sich zur Wahl: Frau Küchenmeister und Max Reimann (Die Linke-SPD).
Frau Küchenmeister erhielt die Stimmenmehrheit und nahm die Wahl an. Danach erläuterte sie den modifizierten Antrag ihrer Fraktion, in dem sie nicht nur den bereits beschriebenen Ausschussvorschlag unterbreitete, sondern auch ihre massive Kritik an der Projektgruppe zurücknahm und deren Mitgliedern für die geleistete Arbeit dankte. Es fiel ihr, ihren Fraktionskollegen und den Mitgliedern der AfD-Fraktion aber unendlich schwer, die Bedingungen des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung als Ausschreiber des Wettbewerbs in der Landesinitiative zu akzeptieren. Das MIL sah keine Beteiligung der SVV als Institution an diesem Wettbewerb vor. Als Mitglieder der Stadtgesellschaft dagegen seien auch alle Stadtverordnete als Teilnehmer*innen an den Diskussionen über die städtische Zukunft willkommen, sollte der Antrag von der Jury ausgewählt werden. Ein irgendwie gearteter Ausschluss von Interessenten war zu keiner Zeit vorgesehen. Das unterstrich auch René Just in seinem Redebeitrag zu seiner Mitwirkung in der Projektgruppe. Der Vorwurf von Frau Küchenmeister, sie hätte sich um eine solche Mitarbeit beworben, aber keine Antwort erhalten, war zum Teil korrekt. Ihr war von Herrn Kommer eine spätere Information zugesagt worden. Diese fand jedoch bisher nicht statt. Für dieses Versäumnis entschuldige ich mich als ehemalige Leiterin der Projektgruppe.
Am Ende der Diskussion zum Antrag von "Wir für Zossen", die an den unterschiedlichen Sichtweisen auf die Sinnhaftigkeit eines weiteren Ausschusses und anderer Vorschläge ergebnislos zu scheitern drohte, wurde in einer Auszeit gemeinsam mit der Bürgermeisterin ein Kompromiss gefunden: Als Antragstellerin des Projektes "Zukunft Zossen" richtet Frau Schwarzweller zusammen mit dem Beirat zeitnah eine öffentliche Informationsveranstaltung zu "Zukunft Zossen" aus, auf der SVV-Mitglieder und andere interessierte Zossener*innen Fragen zu "Zukunft Zossen" stellen können. Im Anschluss daran wird "Wir für Zossen" noch einmal ihren Antrag zu einem "Zukunftsausschuss" beraten.
Die öffentliche Veranstaltung zur Eröffnung von "Zukunft Zossen" gehört zum vorgesehenen Programm des Projektes. Da der Zuwendungsbescheid des MIL aber erst in dieser Woche bei der Stadt eingetroffen und damit das Projekt tatsächlich ins Leben gerufen worden ist, konnte sie bislang nicht durchgeführt werden. Jede/r, der/die das Zuwendungsrecht kennt, weiss, dass ein Förderprojekt erst dann Wirksamkeit erhält, wenn der Zuwendungsbescheid durch den Fördergeldgeber an den Fördermittelempfänger übergeben und der Rechtsmittelbehelf beantwortet worden ist. Da die Landesregierung außerdem bis Ende April einen sogenannten vorzeitigen Maßnahmebeginn nicht genehmigt hatte, konnten auch keine Aktivitäten geplant und durchgeführt werden, für die Fördergelder vorgesehen sind. Alle bisherigen Vorbereitungen des Projektes sind deshalb ehrenamtlich und kostenfrei durchgeführt worden.
Fazit
"Wir für Zossen" hat gezeigt, dass ihre Mitglieder einen massiven Angriff auf ein landesweit erfolgreiches Projekt nach reiflichem Überlegen in einen tragfähigen Kompromiss im Interesse aller umwandeln können. Dafür mein Respekt.
Die Fraktion von Plan B dagegen hat sich der Debatte zu "Zukunft Zossen" und dem Antrag von "Wir für Zossen" verweigert und in kindischer Weise den Saal für die Dauer dieser Debatte verlassen. Frau Schreiber prognostizierte draußen, dass Frau Küchenmeister ihre Wahl zum Beiratsmitglied mit der Zurückziehung des Antrages ihrer Fraktion "bezahlen" würde und dass das ein abgekartetes Ding sei. Geschäfte sind in der Politik natürlich gang und gebe. Aber Frau Schreiber hat Frau Küchenmeister eindeutig unterschätzt.
Ich empfand diesen Teil der gestrigen SVV als ein interessantes Lehrstück in Lokalpolitik.
Fortsetzung folgt.
* https://www.zossen.de/fileadmin/user_upload/Sitzungsdienst/Beschlussvorlagen_2021/BV-Nr.067-21.pdf
https://www.zossen.de/fileadmin/user_upload/Sitzungsdienst/Beschlussvorlagen_2021/BV-Nr.069-21.pdf