Wer geglaubt hat, dass das Einzige, was uns Zossener*innen nach der Abwahl von Frau Schreiber aus dem Bürgermeisteramt der Stadt auf die Füsse fallen, uns Lasten aufbürden und das Klima in der Stadt vergiften würde, ihre selbstverliebte Anmaßung wäre, sieht sich inzwischen getäuscht. In den letzten zwei Wochen hat sich herausgestellt, dass von ihr vor langer Zeit angestrengte Klagen wie die gegen den Brandenburger Finanzausgleich wiederholt von den Gerichten zurückgewiesen wurden. Das Ergebnis sind Nachzahlungen und Gebühren, die heute von der Stadt und ihren Einwohner*innen aufgebracht werden müssen. Was würde passieren, wenn ich dagegen protestieren und verlangen würde, die ehemalige Bürgermeisterin dafür haftbar zu machen? Schließlich bin ich in keinem dieser Fälle gefragt worden, ob ich meine Steuern für auch nur einen von ihnen verschleudert sehen möchte. Ich habe auch keinen der Abgeordneten, die der ehemaligen Bürgermeisterin für ihre Rechtshändel freie Hand gegeben haben, gewählt. Ich sollte vielleicht wirklich einmal einen Rechtsanwalt konsultieren und in Erfahrung bringen, wie es in solcher Art von Fehlentscheidungen um meine Bürgerrechte bestellt ist. Ich vermute, nicht gut.
Was lerne ich aus diesen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte in Potsdam, Berlin und Karlsruhe?
Zum einen, dass es nicht nur für Abgeordnete eine Pflichtaufgabe sein sollte, das Grundgesetz genau zu lesen, sondern auch für Bürgermeisterinnen und Rechtsanwälte. Zum anderen, dass die Rechtskenntnisse unserer Volljuristin offenbar nicht so sattelfest sind, wie sie immer vorgibt. Ersteres sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Letzteres hätten wir alle seit vielen Jahren wissen können. In seinem Urteil in einer Berufungsklage von Frau Schreiber gegen Urteile in einem Disziplinarverfahren des damaligen Landrates Teltow-Flämings hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 21.02.2013 beschieden, dass die Berufungsklage zwar zulässig war und zu einer Abmilderung der Strafe für die ihr vom Landrat vorgeworfenen Vergehen führt, aber in allen anderen Punkten abgewiesen wird und keiner weiteren Revision zugänglich ist.* In dem langen und natürlich mit nicht immer leicht verständlichem juristischen Jargon gespickten Schreiben teilt der Senat des OVG Frau Schreiber unter anderem mit, dass sie
1) in drei Anklagepunkten ihre Dienstpflichten schuldhaft verletzt habe; darunter fallen insbesondere ihre Weigerungen, mit Landes- und Landkreisinstanzen zusammenzuarbeiten;
2) zumindest grob fahrlässig, leichtfertig und grob achtlos gehandelt habe;
3) unzutreffende Rechtsauffassung(en) vertreten habe;
4) andere Pflichtverletzungen begangen habe, die allerdings noch nicht die Schwelle eines Dienstvergehens erreicht hätten. Zu letzterem gehören die wiederholte Verletzung ihrer Pflicht, die SVV in ihre Entscheidungen in gebührendem Maß einzubeziehen sowie Mängel in der Berücksichtigung von Konsultationsrechten eines Ortsvorstehers.
Warum habe ich mir die Mühe gemacht, dieses lange schriftliche Urteil sorgfältig zu lesen?
Ich wollte zum einen genau wissen, worum es sich bei diesem früheren Klagefall zu Disziplinarvergehen gehandelt hat. Zum anderen wollte ich erkunden, ob und wenn ja, inwieweit, das jetzt anhängige Disziplinarverfahren, zu dem gestern das erstinstanzliche Urteil in Potsdam mündlich verkündet worden ist, Aufschluss darüber gibt, ob die ehemalige Bürgermeisterin aus ihren früheren Fehlern gelernt und sich seitdem zumindest in ihren Kernaufgaben den Gesetzen und Dienstpflichten einer Beamtin gemäß korrekt verhalten hat.
Warum sind mir diese Punkte wichtig?
Diejenigen Leser*innen, die schon einmal an einer der Ausschusssitzungen dieses Jahres teilgenommen und Frau Schreiber in Aktion erlebt haben, wissen, dass sie sich immer wieder als kompetente Juristin und bessere Bürgermeisterin als Frau Schwarzweller präsentiert. Sie greift die heutige Bürgermeisterin immer wieder wegen angeblicher oder tatsächlicher Vergehen, insbesondere der angeblich mangelhaften Zusammenarbeit mit den Abgeordneten und den Ortsvorstehern, an. Sie suggeriert dabei, dass ihr solche Fehler nie unterlaufen seien. Das Urteil von 2013 widerspricht dieser Selbstdarstellung. Es ist damit wichtig zu erfahren, ob Frau Schreiber aus ihren früheren Fehlern gelernt hat.
Die Disziplinarklage des Landkreises, die jetzt verhandelt worden ist, scheint zu besagen, dass das entweder gar nicht oder bestenfalls unzureichend der Fall ist. Die sitzende Richterin hat sich dieser Sicht nicht völlig angeschlossen. Aber sie hat sie auch nicht vollends abgewiesen. Sie hat erneut Dienstpflichtverletzungen der ehemaligen Bürgermeisterin als Tatsachen und damit als justiziabel anerkannt. Zwar hat sie, wie schon der Senat des OVG vor sieben Jahren, das beantragte Strafmaß gemildert, aber sie hat Frau Schreiber nicht freigesprochen.
Fazit:
Wir haben es hiermit also mit einer Wiederholung des Tatbestandes der Pflichtverletzung zu tun. Einige dieser Pflichtverletzungen waren nach dem richterlichen Urteil erheblich genug, um sie als strafwürdig einzustufen. Im Unterschied zu 2013 hat die Richterin in zwei Fällen sogar auf Vorsätzlichkeit erkannt.
Ich bin gespannt, wie das schriftliche Urteil der Richterin, das wohl erst in einigen Wochen vorliegen wird, ausfallen und was sie der ehemaligen Bürgermeisterin noch alles ins Stammbuch schreiben wird. Erst nach Vorlage des schriftlichen Urteils wird sich entscheiden, ob der Landkreis in Berufung gehen wird.
* https://openjur.de/u/623426.html