Was habe ich seit September 2019 über die Affäre des Horstfelder Parkplatzes gelernt?
(1) Abgeordnete und die ehemalige Bürgermeisterin haben in eklatanter Weise ihre Pflichten verletzt;
warum?
(a) die für den Parkplatz gekaufte Waldfläche liegt im sogenannten Außenbereich der Stadt und unterliegt damit speziellen Verpflichtungen durch das Baugesetz (siehe Faktencheck);
(b) für einen Parkplatz mit etwa 400 geplanten Stellplätzen müssen Folgeschäden für die Umwelt (Flora, Fauna, Wasser etc.) und eventuelle Beeinträchtigungen für Energieanlagen, Denkmalschutz, Bergbau, benachbarte Unternehmen u. ä. durch die jeweils zuständigen Behörden geprüft werden (siehe Faktencheck);
(c) für jegliche Bauinvestition in diesem Größenbereich bedarf es eines Finanzplans, einer Baugenehmigung und weiterer, spezieller Genehmigungen laut Bau- und Waldgesetz des Landes Brandenburg;
(d) die Abgeordneten hätten bei diesen gravierenden Mängeln den SVV-Beschluss der Kommunalaufsicht zur rechtlichen Prüfung vorlegen müssen. Obwohl vor allem die Gegner von Frau Schwarzweller dieses Rechtsmittel inzwischen exzessiv verwenden, ist es meines Wissens nach niemandem im Herbst 2019 eingefallen, einfach einmal nachzufragen, ob denn alles rechtens sei mit dieser Vorgehensweise. Das hätte uns vielleicht viel Ärger erspart.
(2) Frau Schreiber hat die Abgeordneten und Einwohner*innen Zossens öffentlich und absichtlich über den Tisch gezogen, in dem sie ihnen wiederholt versicherte, der Parkplatz könne noch im Herbst 2019 gebaut werden.
warum absichtlich:
Frau Schreiber ist alles mögliche, aber nicht inkompetent. Sie hatte im Frühjahr 2019 eine vorläufige Anfrage bezüglich einer Baugenehmigung für den Parkplatz eingereicht, aber im September 2019 noch keine Antwort darauf erhalten. Sie hätte also die Beschlussvorlage zum Parkplatz Horstfelde am 18. September 2019 nicht in die SVV einbringen und dann auch noch mit ihren rechtlichen Mitteln als Hauptverwaltungsbeamtin den Abgeordneten zur Abstimmung aufzwingen dürfen. Sollte sie zu diesem Zeitpunkt nicht verstanden haben, dass die Lage und Größe des beabsichtigten Parkplatzes vor seiner Realisierung umfangreiche, von verschiedenen Gesetzen vorgeschriebene Prüfungen erforderlich machen, hat sie in diesem Punkt als Hauptverwaltungsbeamtin versagt. Sollte sie wieder einmal gemeint haben, sie könne Kraft ihrer Wassersuppe Gesetze und Vorschriften, die ihr nicht passen, einfach ignorieren, hat sie sich dieses Mal übernommen. Was auch immer ihre Gründe für ihr Vorgehen als damalige Bürgermeisterin gewesen sein mögen, sie hat der Stadt einen überaus schlechten Dienst erwiesen. Sie hat Bürger*innen von Horstfelde vermittelt, dass nicht das Gesetz unser politisches Handeln bestimmt, sondern das Schaffen von Tatsachen durch vorpreschende Entscheidungen, lautes Niederschreien von Bedenken und Einwänden sowie Kungeleien hinter geschlossenen Türen.
(3) Am 14. Oktober 2019 erreichte die Antwort der Kreisverwaltung (Untere Bauaufsicht) auf die im April 2019 gestellte Anfrage Zossen. Sie war negativ. In der Begründung der Ablehnung werden baurechtliche (außerhalb der Stadt, nicht durch städtischen Bauplan gedeckt, zu weit von der Wasserskianlage entfernt usw.), formale (unzureichende Genauigkeit und Vollständigkeit der von der Hauptverwaltungsbeamtin eingereichten Unterlagen) und natur- und landschaftsrechtliche (widerspricht dem gültigen Landschaftsplan der Stadt) Fehler angeführt. Mit diesem doch ziemlich ausführlichen Bescheid hätte die damalige Bürgermeisterin innehalten und einen Kurs zur Herstellung der fehlenden Voraussetzungen für den Bau des Parkplatzes (= Erarbeitung eines Bebauungsplanes) einschlagen müssen. Stattdessen scheint sie weitgehend die Einzelheiten des Bescheids den Abgeordneten verschwiegen zu haben. Sie setzte lieber das Fällen der Bäume in Gang, nachdem sie sich in einem der Ausschüsse auf das Waldgesetz berufen und behauptet hatte, sie benötige für den Parkplatz keine Baugenehmigung.
(4) Am 11. März 2020 tagten der Bauausschuss und der RSO gemeinsam. Zum Parkplatz Horstfelde lag eine Beschlussvorlage zur Herstellung der planungsrechtlichen Voraussetzungen vor, die von Rechtsanwalt Prof. Dr. Dombert den Abgeordneten schriftlich bereits im Vorfeld der Sitzung erläutert worden war. Seine wesentlichen rechtlichen Punkte waren:
(a) die von Frau Schreiber im April 2019 gestellte Vorabanfrage war rechtlich ungenügend und wurde deshalb erwartungsgemäß von der Kreisverwaltung ablehnend beschieden;
(b) es bedarf eines förmlich korrekten Verfahrens, d.h. ohne die Schaffung von Planungsrecht könne der Parkplatz nicht gebaut werden;
(c) die Details des zu errichtenden Parkplatzes können erst danach erörtert und beschlossen werden (d.h. wenn die gesetzlich geforderten Prüfungen abgeschlossen sind).
Frau Leisten (AfD) fühlte sich durch diese Erläuterungen gekränkt und wie "eine Schwerverbrecherin" (siehe Protokoll*) behandelt. Das Verständnis gesetzlicher Voraussetzungen ist eben – ganz ohne Ironie gemeint – eine komplizierte Sache. Aber noch mehr belastete sie die Frage nach dem Entgelt für Kollegen Dombert.
Frau Schreiber stellte eine Reihe von Fragen an Herrn Dombert, die sie zum einen von dem Vorwurf des Rechtsanwaltes mit ihrer Vorabanfrage an die Kreisverwaltung eine Ablehnung des Parkplatzbaus veranlasst zu haben, entlasten sollten und zum anderen die Konsequenzen der Empfehlung, ein förmlich ordentliches Verfahren einzuleiten, als schwere Belastung für Zossen und die Horstfelder (zu teuer - 100 000 Euro, zu langwierig - 2 Jahre bevor gebaut werden kann [später sprach sie dann nur noch von 6 Monaten]) beschrieben. Also wenn Dinge zu teuer sind und zu viel Zeit in Anspruch nehmen, kann man als Verwaltung durchaus die Gesetze brechen - meint offenbar Frau Schreiber. Leider hat die Protokollantin die als ausführlich angegebenen Antworten nicht einmal stichpunktartig zusammengefasst.
(5) Herr Blanke und Herr Wilke machten deutlich, dass sie die rechtlichen und materiellen Konsequenzen des von Frau Schreiber in der SVV am 18. September 2019 durchgedrückten Beschlusses noch immer nicht in Gänze verstanden hatten. Herr Blanke lobte Frau Schreibers Arbeit, die ihn zu seiner Zustimmung zu ihrem Vorschlag bewogen hätte. Da er damals keine einzige substantielle Frage zum Thema gestellt hatte, ist eine solche Aussage durchaus überraschend. Herr Wilke schlug vor, sowohl den Septemberbeschluss weiter ausführen zu wollen (d. h. den Parkplatz zu bauen, aber nur für 250 Besucher, da dafür keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei) als auch den Bebauungsplan zu erarbeiten. Herr Dombert bezeichnete diesen Vorschlag als gesetzeswidrig, weshalb ein solcher Beschluss entweder von der Bürgermeisterin oder von der Kommunalaufsicht beanstandet, d.h. zurückgewiesen werden müsste. Herr Wilke bestand dennoch auf Abstimmung zu seinem Antrag. Weitere Reden und Gegenreden belegen die unterschiedlichen rechtlichen Sichtweisen der Kontrahenten.
(6) Vorher unprotokolliert erschien spät am Abend in der Debatte die Behauptung, an der sich Frau Schreiber und Herr M. Juricke auch heute noch festhalten: Frau Schwarzweller hätte gesagt, sie würde den Parkplatz ab September 2020 bauen (Juricke) oder ihn bereits gebaut haben (Gurczik). Frau Schwarzweller korrigierte: "ich habe gesagt, dass die Planung im September steht". Was heute vorliegt, ist der Entwurf des Bebauungsplanes (siehe Faktencheck). Die Verwaltung unter Führung der Bürgermeisterin hat es also in Zusammenarbeit mit den Behörden vermocht, die angegebene Frist von 6 Monaten für den Entwurf des Bebauungsplanes einzuhalten. Die düsteren Prognosen von Frau Schreiber sind zumindest in diesem Punkt nicht eingetreten. Wenn die Frist der öffentlichen Auslage des Entwurfes abgelaufen ist, werden wir sehen, wie es in dieser aufreibenden Affäre weiter geht.
(7) Auf der SVV-Sitzung am 12. März 2020 ging der Streit um die Frage, ob es überhaupt notwenig sei, Planungsrecht für den Parkplatz zu schaffen, weiter.* Herr Manthey und Herr Hummer machten deutlich, wie Rechtsanwalt Dombert bemerkte, dass sie noch immer der Vorstellung anhingen, man könne den Parkplatz auch rechtswidrig bauen. Herr Hummer wollte wissen, ob andere Juristen die Gesetze vielleicht anders auslegen würden. Möglich ist so etwas schon. Nur dann hätte Plan B eben einen kompetenten Rechtsanwalt beauftragen und zur Not zum Verwaltungsgericht gehen müssen. Frau Schreibers und Herr Blankes juristische Kompetenzen reichten für diesen Fall offenkundig nicht aus. Im übrigen ist nach meinem Eindruck Prof. Dombert nicht nur ein äußerst kompetenter Verwaltungsrechtler, sondern sowohl juristisch als auch politisch ziemlich konservativ. Ihm "linke" Dinger zu unterstellen, egal wie versteckt oder wie offen, wie von Vertretern von Plan B getan, halte ich für höchst diffamierend. Es fällt mir zunehmend schwer, die gegen die Einhaltung von Gesetzen gerichtete Einstellung von Abgeordneten zu verstehen. Gab und gibt es außer Unkenntnis oder mangelndem Willen, die Gesetzeslage ernsthaft zu prüfen, etwa andere Gründe für dieses sture Verhalten?